
Kaiserwetter in Berlin: Ein Kaisermarsch für den Durchmarsch
15. Februar 2016Bericht vom Berliner Februarturnier
Der Karneval vom Windchen verweht, die Berlinale eröffnet mit einem Film, der schon in den (US-) Kinos läuft, aus der Staatsoper und der Elbphilharmonie dringt seit Jahren Bohrlärm statt Schönklang, und ob von unserem Flughafen jemals ein Flieger abhebt, steht in den Sternen. Bei Berlin Backgammon ist alles anders: Wir reden nicht vom Wetter, sondern von Position und Rennen, bei uns ist jedes Match neu und einzigartig, wir jammern leise und freuen uns zivilisiert, und wir vertrauen nicht den Sternen, sondern dem Pipcount und der Wahrscheinlichkeit.
26 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich bei strahlendem Sonnenschein zum Februarturnier eingefunden, um ihrem Lieblingsdenksport zu frönen und der Welt zu zeigen, wie angenehm sich ein Nachmittag und ein Abend verbringen lassen: Beim Backgammon, dem schönsten Spiel auf der Welt, in sanfter Konkurrenz und freundlichem Miteinander!
Teilnehmer und Teilnehmerinnen – die Mehrzahl der weiblichen Form im vorigen Absatz ist uneingeschränkt richtig, denn gleich drei Frauen waren am Start, davon zwei Neulinge. Zum einen Aljona Dobruschina aus Oranienburg, die über Umwege von unserem Turnier erfahren hat und gleich bei der ersten Gelegenheit vorbeigekommen ist um mitzuspielen – recht erfolgreich, darf ich verraten.
Zum anderen Asha Hanka, die schon beim letzten Turnier als Kiebitz reingeschaut hat und nun zum ersten Mal als Teilnehmerin dabei war.
Und schließlich Sabine Brinkmann, die nach ein paar Monaten Pause zusammen mit Yonas wieder da war.
Ruhe vom Spielstress: Sabine Brinkmann
Lutz Steuer aus Leipzig hat auch ein paar Monate ausgesetzt. Dieses Mal ist er mit dem Bus angereist. Und hoffentlich auch gut wieder nach Hause gekommen!
Noch länger war die Pause, die Tibor Taylor nach seiner ersten Teilnahme eingelegt hat: Vor ungefähr zwei Jahren hat er als Beginner teilgenommen, dieses Mal hat er sich in der Mastersklasse eingeschrieben – zu Recht, wie wir sehen werden.
Unter den von weit Angereisten war auch der BG-CBiD-Großmeister Bernhard Kaiser, der aus Hannover angereist ist.
Bernhard Kaiser, BG-CBiD-Großmeister
Und Carlo Petkovseks Weg von Cottbus ist nicht viel kürzer, aber als Backgammonspieler ist Carlo ja inzwischen Berliner.
Und auch James Klein haben wir schon eine ganze Weile nicht gesehen. Heute war er wieder da!
Bernd Hoffmeister hat es bei der ersten Teilnahme so gut gefallen, dass er trotz einer kräftigen Erkältung gleich wieder angetreten ist.
Bernd Hoffmeister: Ahnt er das Ungemach bereits?
Schön, dass ihr alle da ward, hoffentlich hat es Euch gefallen und ihr kommt wieder!
Der Turniertag begann mit der Begrüßung der Neuankömmlinge, dazu gab es eine kurze Aussprache über den Termin des Jahresendturniers. Zur Verfügung stehen im en passant nur der 29. und 30. Oktober, der 5. und 6. November und der 17. und 18. Dezember. Der 5. und 6. November scheidet aus, da einige von uns zum Turnier nach Zypern fahren wollen. Bleiben der 29. und 30. Oktober, die letzten Tage der Berliner Herbstferien, und der 17. und 18. Dezember, der 4. Advent. Die nicht ganz einfache Entscheidung fiel auf den 17. und 18. Dezember, für den sich die Mehrheit ausgesprochen hat.
Mit Ende der Aussprache begann das erste Match der Vorrunde, in der sich Kurt Zerwer gleich über sein schweres Los beschwerte: Fortuna habe ihm Bernhard Kaiser, Tibor Taylor, Dankwart Plattner, Rolf Schüler und Carlo Petkovsek als Gegner beschert, das sei zu schwer. Die aufmunternd gedachten Worte, dass das Los doch auch Gelegngenheit biete, etwas zu lernen, kamen nicht effizient an (d.h., sie verpufften wirkungslos). Erst als er immerhin zwei Siege eingefahren hatte, war er ganz zufrieden.
Dabei hat mich seine an Fortuna gerichtete Beschwerde auf einen Gedanken gebracht: Kann man messen, wie schwer die Gegner, die man hatte, waren? Ein Maß dafür könnten die kumulierten ELO-Punkte seiner Gegner sein, die man der deutschen Rangliste entnehmen kann. Das ist schnell gemacht, und siehe da: Kurt hatte mit einer Maßzahl von 7920 tatsächlich die schwersten Gegner; es folgen Lutz Steuer und Sabine Brinkmann.
Das spricht dafür, dass die Maßzahl etwas taugt, aber wir wissen es im Moment noch nicht zuverlässig. Jedoch gibt es Indizien: Sowohl Lutz als auch Sabine konnten keines ihrer Matches gewinnen und durften ebensowenig wie Bernd Hoffmeister ins Stechen. Ein rabenschwarzer Tag für die drei!
Dagegen hatte Bernhard Kaiser eines der leichteren Lose und machte prompt einen Durchmarsch!
Fünf Siege in fünf Matches – damit blieb er heute allein (alle Paarungen des Turniers gibt es hier nachzulesen: https://berlin-backgammon.org/2016/02/14/runde-fur-runde-verlauf-des-berliner-februarturniers-2016/). Es folgten sechs Teilnehmerinnen mit vier Siegen:
Bernhard Ludwig Winkelhaus, der Neuling Aljona Dobruschina, Helmut Krausser, Igor, Tibor Taylor (noch ein Neuling!) und Rolf Schüler waren sicher in der Hauptrunde. Nur ein Platz war jetzt noch offen, um den sich sechs Spieler bewarben. Nur einer konnte durchs Nadelöhr gehen:
Halbfinale: Dieter Münster (re) gegen Tibor Taylor
Das war Dieter Münster. Vitali Olchanski, Sokrates Bukalis, Igor K, Michael Horchler und Andreas Kohlschmidt mussten in die Second Chance.
Skeptischer Blick: Michael Horchler
Dort waren nun noch drei Plätze zu vergeben, und neun Teilnehmerinnen wollten gerne einen der drei haben, nachdem die drei Punktlosen nicht zugelassen waren und James den Abend lieber mit Frau und Enkeltochter verbringen wollte.
Matthias Strumpf, Thomas Krüger und Yonas Brinkmann konnten sich qualifizieren.
Und Asha Hanka, Ralf Sudbrak, Carlo Petkovsek, Thorsten Miesel, Dankwart Plattner und Kurt Zerwer musste nach Hause oder sich eine Ersatzbeschäftigung suchen.
Was lag da näher, als noch ein ein bißchen Backgammon zu spielen? Ralf und Thorsten trugen ihr Ligamatch aus, Asha spielte ein Trainingsmatch gegen Dankwart, Carlo wurde bei unlimited games gesehen.
Das Turnier ist für beide zu Ende, jetzt wird noch ein bißchen mehr Backgammon gespielt: Andreas Kohlschmidt (li), Carlo Petkovsek
Bernhard Kaiser, Helmut, Dieter und Tibor konnten ihr erstes Match in der Hauptrunde gewinnen. Im ersten Halbfinale gewannen Bernhard, und doch zitterte er danach: Sollte Dieter Münster, sein Berliner Angstgegner, gewinnen, müsste er ein Settlement anbieten und sich vielleicht mit 20% zufriedengeben! Aber der Neuling Tibor Taylor wollte auch ins Finale, kämpfte tapfer, führte 6-5, musste dann im Crawford Game Federn lassen. Im Double Match Point-Game tobte der Kampf hin und her, und erst im Bear-off konnte Tibor sich durchsetzen: Finale bei der ersten Teilnahme in der Masters-Klasse!
Händedruck und Freude auf das Finale: Tibor Taylor (li) und Bernhard Kaiser
Aber hier war Schluss, denn Bernhard spielte groß auf und hatte das nötige Quentchen (Quäntchen für die Jüngeren) Glück, so dass das Finale einseitig verlief. Nach 1-0-Führung hatte Bernhard im zweiten Spiel des 9-Punkte-Matches sechs Steine Tibors auf den 2er-Punkt in seinem Homeboard gezwungen; durch einen Einserpasch konnte Tibor daraus ein Backgame machen, das er aber nach einigem Hin und Her verlor, und zwar Backgammon! Nach dem 7-0 musste sich Tibor dann wieder in ein Backgame fügen, das er, nachdem er Bernhard den Dopplerwürfel angeboten hatte, gewinnnen musste. Das gelang ihm trotz heftigen Kampfes nicht, und so hieß es Spiel, Match, Side Pool und Turniersieg für Bernhard (und das alles vor Mitternacht)! Bernhard, für Dich stimmen wir den Kaisermarsch an, und Glückwunsch, Tibor! Bei der ersten Teilnahme in der Mastersklasse machst Du gleich den zweiten Platz!
Match um den dritten Platz: Dieter Münster (re) sieht zu, wie Helmut Krausser zieht
Die beiden Finalisten hatten in den Halbfinals Dieter Münster und Helmut Krausser besiegt, und diese beiden mussten nun das Match um den dritten Platz austragen. Helmut konnte sich durchsetzen. Glückwunsch auch Euch beiden!
Das erste Match in der Finalrunde zu verlieren ist zwar nicht schön, aber bekanntlich fällt man bei Berlin Backgammon in so einer Situation nicht ins Bodenlose: Der Einstieg ins Viertelfinale der Second Chance ist sicher, der Weg ins Finale steht einem offen. Rolf Schüler und Bernhard Ludwig Winkelhaus nutzten beide diese Chance und besiegten im Viertelfinale der Second Chance Yonas Brinkmann (der zuvor Igor K geschlagen hatte) und Vitali Olchanski, der zuvor Thomas Krüger nach Hause geschickt hatte.
Im Halbfinale konnte Rolf Michael Horchler besiegen und BLW bezwang Matthias Strumpf.
Handshake vor dem Finale der Second Chance: Bernhard Ludwig Winkelhaus (li) und Rolf Schüler
Und so standen sich die beiden zu sehr später Stunde (es war ca. ein Uhr morgens) gegenüber. Rolf musste zwischendurch ein bißchen zittern, und Bernhard durfte sich Hoffnungen machen, aber schließlich brachte Rolf den Sieg dann doch nach Hause. Glückwunsch Euch beiden!
Dass die Second Chance so lange gedauert hat, wundert mich kaum. Erfreulich ist, dass sie überhaupt zu Ende gegangen ist, denn wer weiß – hätte sie nicht auch ewig dauern können? Nein, sagt die Mathematik: Ein Backgammon-Spiel kann nicht unendlich lang dauern, sondern findet mit Sicherheit ein Ende (das ist zwar betrüblich, aber geübte Praktiker wissen, dass sie ein neues Spiel beginnen können, um den Spaß zu verlängern).
Die Frage, ob jedes Backgammonspiel einmal endet, ist 1994 von Bob Koca aufgeworfen worden (http://www.bkgm.com/rgb/rgb.cgi?view+1423), der sich damit bleibende Verdienste erworben hat. Der Beweis wurde von Curt McCullen, dem Träger des bedeutendsten Mathematik-Preises, der Fields-Medaille, skizziert (ebendort), von Douglas Zare, dem bekannten Backgammon-Mathematiker, fortentwickelt (http://www.bkgm.com/articles/Zare/BackgammonEnds.html) und von Philippe Charmoy (http://people.maths.ox.ac.uk/charmoy/bgends.pdf) neu formuliert und rigoros präzisiert.
Für Turnierdirektoren hat das Ergebnis einen praktischen Wert: Wenn ein Spiel nicht unendlich lange dauern kann, dann kann auch ein Turnier nicht unendlich lange dauern (und der Stundenlohn des Turnierdirektors nie auf genau 0 sinken, das beruhigt ungemein). Und da sage noch einer, Mathematik sei lebensfremd und ohne Praxisrelevanz! Übrigens kann „nicht unendlich lang“ trotzdem ganz schön lang sein, wie uns Rolf Schüler und Igor K in den letzten Monaten zwei Mal (siehe https://berlin-backgammon.org/2015/05/10/thomas-tag-des-sieges-2/ und https://berlin-backgammon.org/2015/12/02/rolf-schuler-entthront-igor-k-stefan-blancke-siegt/) gezeigt haben. Und beim Februarturnier hat Rolf demonstriert, dass er auch ohne Igor Ks Hilfe ganz schön lange Matches aufs Brett zaubern kann.
Glückwunsch! Für ihre gute Performance bekommt Aljona Dobruschina sowohl den Rookie’s als auch den Lady’s Prize
Aljona Dobruschina hat es als Neuling mit vier Siegen in die Hauptrunde geschafft, dafür bekommt sie den Rookie’s Prize. Und als beste Lady gleich noch den Lady’s Prize obendrauf. Glückwunsch, Aljona! Gäbe es einen Jugendpreis, hätte in Yonas Brinkmann verdient, denn er hat das Viertelfinale der Second Chance erreicht und ist erst dort gegen den späteren Sieger Rolf Schüler ausgeschieden.
Erneut gab es zwei Satelliten, in denen Sokrates Bukalis und Carlo Petkovsek einen freien Startplatz in der Championsklasse gewonnen haben. Glückwunsch!
In der Tabelle führt nach seinem erneut guten Abschneiden Helmut Krausser mit 37 Punkten Vorsprung vor den punktgleichen Rolf Schüler und Igor K. Auf den Plätzen vier und fünf folgen Thomas Krüger und Dankwart, auf Platz 6 hat sich mit nur einer Teilnahme Bernhard Kaiser geschoben.
Auf die nächste Gelegenheit in diesem Jahr, Siege, Punkte und Preisgeldplätze bei Berlin Backgammon ins Visier zu nehmen und die Reihenfolge in der Rangliste zu ändern, müssen wir nur vier Wochen warten. Sie ist beim Märzturnier am 12. März 2016 um 13 Uhr (Anmeldung ab 12:30 Uhr, Auslosung um 12:55 Uhr) im en passant, Schönhauser Allee 58 (U2 Eberswalder Str.), 10437 Berlin, Tel. 0177–7383899. Die Auslosung für das Satellitenturnier findet bereits um 12:45 statt, die erste Runde wird vor dem Start des Hauptturniers gespielt.
Bis dann! Viele Grüße,
Dankwart
Finalrunde
1. Bernhard Kaiser
2. Tibor Taylor
3. Helmut Krausser
4. Dieter Münster
Second Chance
1. Rolf Schüler
2. Bernhard Ludwig Winkelhaus
Lady’s Prize
Aljona Dobruschina
Rookie’s Prize
Aljona Dobruschina
Satelliten
Sokrates Bukalis
Carlo Petkovsek