
Berlin, 17.9.: Die Qualen der Wahlen vor der Wahl
18. September 2016Bericht vom Berliner Backgammonturnier am 17.9.
Was die Stimmbürgerinnen und -bürger nur alle paar Jahre dürfen, z. B. heute in Berlin, während ich diese Zeilen schreibe, machen wir Backgammonspielerinnen und -spieler vor jedem Zug: Wir wählen aus einer Reihe von Alternativen aus, wir wägen Vor- und Nachteile, versuchen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erkennen, suchen nach der besten Option. Wir treffen Grundsatzentscheidungen (Wurf oder Cube), wir treffen strategische und taktische Entscheidungen. Unsere Wahl hat nicht weniger Dimensionen als die politische Wahl, und sie ist kaum weniger kompliziert. Manchmal bereitet uns die Wahl richtige Kopfschmerzen und echte Qualen – wie soll man sich entscheiden, wenn man die Alternativen nicht richtig unterscheiden kann?
Und wenn wir den Zug, den wir für richtig halten, ausgewählt haben, oder, weil wir keine Kriterien gefunden haben, anhand derer wir die Alternativen unterscheiden können, den nächstbesten ausgeführt haben, dann verbinden wir mit unserer Wahl Erwartungen und Befürchtungen, Hoffen und Bangen. Denn die Zukunft, die Unbekannte, Risikobehaftete, Unsicherheitsvolle, verbirgt sich im Nebel und offenbart sich erst, wenn sie keine mehr ist (und manchmal noch nicht einmal dann). Aber in einem haben wir es deutlich besser als im richtigen Leben: Unsere Checker führen nach der Wahl kein Eigenleben, sondern machen, was wir ihnen aufgetragen haben – im Rahmen der Umstände, die von den Würfeln vorgegeben werden, versteht sich.
Faruk Kocaer stellt die Uhr ein, gleich geht’s los gegen Matthias Laske. Im Hintergrund Christine Fuhrmann gegen Matthias Strumpf
Bei einem Turnier haben wir besonders viele Backgammon-Wahlen, manche von uns einen halben Tag lang bis spät in die Nacht. So war es auch beim Septemberturnier von Berlin Backgammon, dem 9. Meisterschaftsturnier der Saison. An diesem Tag gab es sogar noch mehr Wahlentscheidungen als sonst, denn es waren 33 Teilnehmer zum Turnier gekommen, und das, obwohl viele regulars durch Urlaub, Arbeit oder andere Verpflichtungen verhindert waren!
Unter den Teilnehmern waren erfreulich viele Neulinge:
Matthias Laske (li) gegen Guido Weidner
Zunächst Matthias Laske, erfahrener Schachspieler und international erfahrener Backgammonspieler, der seit einiger in Berlin lebt. Er startete in der Mastersklasse, und da gehört er auch hin.
Mathias Uhrhan hat im Internet von unserem Monatsturnier gelesen und sich vorgenommen, einmal mitzuspielen. Er startete vorsichtshalber in der Beginnersklasse.
Auch der Berliner Orhan Sezer hat im Internet von unserem Turnier erfahren. Wie Mathias startete er in der Beginnersklasse.
Zeichensprache: Die Rookies Ina Reckling und Fabian Klitsch
Ebenfalls in der Beginnersklasse startetet Ina Reckling. Sie war am Tag des Augustturniers am en passant vorbeispaziert, blieb stehen, kam herein, sah eine Weile zu und sagte: „Ich komme wieder.“
René Stolle hat sich heute wie die meisten Neulinge achtbar geschlagen und den Rookie’s Prize gewonnen
Auch René Stolle startete in der Beginnersklasse. Ansonsten trifft das über Ina Gesagte auch auf ihn Wort für Wort zu.
Fabian Klitsch aus Stendal war nicht am Tag des Augustturniers am en passant vorbeispaziert, kennt aber zwei, die am Tag des Augustturniers am en passant vorbeispaziert waren. Und so kam es, dass er zu unserem Turnier im en passant gefunden hat und in der Beginnersklasse startete.
Zum ersten Mal in Berlin am Start: Christine Fuhrmann
Christine Fuhrmann aus Essen hat es beim Turnier in Bad Dürkheim so gut gefallen, dass sie kurze Zeit später auch in Berlin teilgenommen hat.
Allen Neulingen ein herzliches Willkommen!
Keine Neulinge, aber lange nicht mehr beim Turnier gewesen sind:
Frank Maschkiwitz, der auch in der Berliner Backgammon-Liga aktiv ist, war zum ersten Mal seit langem bei einem Turnier und wird jetzt wieder öfters kommen.
Richard Fiegen gegen Heike Münch
Heike Münch hat zum zweiten Mal an unserem Turnier teilgenommen.
Auch Richard Fiegen, Leiter der Berliner Liga, war noch nicht so oft bei einem Meisterschaftsturnier.
Wolfgang zum Winkel, entspannt und dennoch konzentriert
Besonders lange – viele Jahre – war Wolfgang zum Winkel nicht mehr bei einem Berliner Turnier. Er wollte zur Anmeldung getragen werden, aber dann kam die Anmeldung zu ihm.
Schön, dass ihr alle wieder dabei wart!
Mit Stefan Blancke aus Lüneburg konnten wir wie schon im August den Zweiten der Deutschen Backgammon-Rangliste begrüßen, und mit Guido Weidner, dem Löwen von Batumi, den Vorjahressieger und diesjährigen Zweiten des international stark besetzten Gogi Bukia Memorial Turniers. Von beiden wird noch die Rede sein, ihre Fotos wird man weiter unten, wenn vom Finale die Rede ist, zu sehen bekommen.
Konzentriert: Sabine Brinkmann gegen Carlo Petkovsek
Asha gegen Guido, den Löwen von Batumi
Mit Asha, Christine, Heike, Ina und Sabine waren wieder fünf Frauen am Start. Das freut uns alle und den Turnierleiter, der bekennender Backgammon-Feminist ist, besonders.
Wie finde ich meinen nächsten Gegner? Thomas erklärt das System, Rolf verdeutlicht die Praxis des Findens
Mit 33 Teilnehmern und den vielen Neuanmeldungen ist die Anmeldephase nicht ganz so schnell zu bewältigen. So begann die Begrüßung der neuen Teilnehmerinnen und Teilnehmer etwas später als 13 Uhr, dauerte außerdem besonders lange. Schließlich konnten die Matches der Vorrunde gegen 13:30 Uhr starten.
Sokrates Bukalis gegen Christine Fuhrmann
Als die Vorrunde beendet war, gab es nur einen mit weißer Weste: Igor K hatte alle seine Matches, auch die gegen Stefan Blancke und Freilos, gewonnen. Auch Sokrates, Dankwart, Guido und Ralf konnten ruhig atmen: Sie hatten jeweils vier Siege.
Rettete sich im letzten Wurf aus dem Stechen in die Hauptrunde: Stefan Blancke gegen Frank Maschkiwitz (verdeckt)
Blieben in der Hauptrunde drei Plätze frei, und 14 Spielerinnen und Spieler mit drei Siegen drängelten sich, einen davon erobern. Vierzehn? Nein, zwei hatten an diesem Abend noch Schöneres als Backgammon vor! Und so reichten zwei Runden aus, um die Teilnehmer zu ermitteln. Es waren Stefan Blancke (im letzten Wurf gegen Frank Maschkiwitz), Matthias Laske und Thomas Krüger.
Orhan (li) gegen Yonas Brinkmann, der es heute bis in die Second Chance schaffte
Das Stechen um die Second Chance gestaltete sich nicht ganz einfach, da von vornherein klar war, dass nach dem Stechen um den Einzug in die Finalrunde neun Spielerinnen übriggeblieben würden, die einen Anspruch auf den Einzug auf die Teilnahme an der Second Chance haben. Da gab es aber nur acht Plätze – diejenigen, die es nicht in die Hauptrunde geschafft hatten, mussten also noch einmal ins Stechen, dieses Mal um die Second Chance. Deshalb konnte das Stechen um die Second Chance nicht beginnen, bevor das Stechen um die Hauptrunde beendet war.
Kurt Zerwer (li), der einzige Beginner, der regelmäßig drei bis vier Siege in der Vorrunde hat, gegen Carlo Petkovsek. Im Hintergrund Andreas Kohlschmidt (li) gegen Sokrates Bukalis
Es brauchte zum Glück nur zwei Runden, um die acht Teilnehmer der Second Chance zu ermitteln. Die Glücklichen und der gesamte Verlauf der Vorrunde und des Stechens sind in der Turnierdokumentation zum Nachvollziehen festgehalten.
Nachdem nun auch diese Hürde überwunden war, konnten die 16 Teilnehmer der beiden Finalrunden das Turnier fortsetzen.
Stefan Blancke schlug im Viertelfinale Dankwart, im Halbfinale Ralf (der zuvor Sokrates besiegt hatte) und stand damit zum zweiten Mal hintereinander im Finale. In der anderen Tableauhälfte mussten zunächst Matthias Laske und im Halbfinale Igor K (der zuvor Thomas Krüger in die Second Chance geschickt hatte) Guido Weidner weichen.
Finale: Stefan Blancke (li) gegen Guido Weidner
So kam es zur Wiederholung des Endspiels des letztjährigen Jahresendturniers: Guido gegen Stefan. Guido hatte vor, sich für die Niederlage im letzten Jahr zu revanchieren und machte sich daran, sein Vorhaben zügig in die Tat umzusetzen. Er führte 4-0 im 9-Punkte-Match, als es zu dieser Situation kam:
Stefan (Schwarz) redoppelte, und Guido nahm den Cube ohne auch nur den Bruchteil einer Sekunde zu zögern an. Trotz seines starken Boards und 16 Hit-Drohungen war sich Stefan seiner Sache nicht ganz sicher, denn er fotografierte die Position, und er wird sie wie wir auch inzwischen analysiert haben: Das Ding ist kein Initialdoppel, wohl aber ein Redoppel, obwohl Schwarz hier nur 51% Gewinnchancen hat! Aber rund 40 % davon sind Gammons, und die bringen Schwarz ins Crawford Game – das ist viel wert. Sehr stark gesehen von Stefan, der damit wieder einmal seine große Klasse in unserem Lieblingsdenksport unter Beweis gestellt hat. Natürlich ist diese Postion ein klares Take, und wie Backgammon so ist – Stefan gewann Gammon, führte plötzlich 8-4 und konnte danach auch das Crawford Game gewinnen. Spiel, Match und Turniersieg für Stefan, zum zweiten Mal hintereinander! Glückwunsch, Stefan, und tröstende Worte und Gratulation an Guido, den Finalisten!
Spiel um den 3. Platz: Igor K (verdeckt) gegen Ralf Sudbrak
Das Spiel um Platz 3 trugen die beiden Verlierer der Halbfinals, Ralf und Igor K, aus. Igor setzte sich im 5-Punkte-Match durch. Wegen seiner fünf Vorrundensiege heimste er an diesem Tag die meisten Ranglistenpunkte ein, einen mehr als der Turniersieger! Glückwunsch auch Euch beiden, Ralf und Igor! Die komplette Hauptrunde kann hier betrachtet werden: https://berlin-backgammon.org/2016/09/18/runde-fur-runde-verlauf-des-berliner-juliturniers-2016-2/#Finalrunde.
In der Second Chance: Tibor Taylor (li) gegen Richard Fiegen
Kommen wir zur Second Chance (https://berlin-backgammon.org/2016/09/18/runde-fur-runde-verlauf-des-berliner-juliturniers-2016-2/#SecondChance): In der ersten Runde konnten sich der Ranglistendritte Helmut Krausser (gegen Frank Maschkiwitz), Tibor Taylor (gegen Richard Fiegen), Lutz Steuer (gegen Yonas Brinkmann) und Rolf Schüler (gegen Kurt Zerwer) durchsetzen. In der zweiten Runde mussten die Sieger gegen die aus der Hauptrunde Relegierten spielen, und nur zwei von ihnen schafften es ins Halbfinale: Lutz und Tibor. Nach dem Halbfinale war von den ursprünglich acht nur noch Lutz übrig, und sein Gegner war der an diesem Tag ziemlich geschaffte Dankwart, der zuvor an Helmut Krausser und Tibor Taylor vorbeigezogen war. Außerdem hatte Lutz Dankwart schon in der Vorrunde besiegt. Eigentlich eine günstige Prognose.
Im Finale der Second Chance: Lutz Steuer (re) gegen Dankwart Plattner
Das Match ist noch nicht analysiert, aber mein Eindruck war, dass Lutz im Finale zu vorsichtig spielte. Jedenfalls stand es im Match auf sieben Punkte bald 5-1 für Dankwart, und bei diesem Stand kam es zu dieser Position:
Hier faßte Lutz sich ein Herz und doppelte trotz des kleinen Rennrückstands. Gut gesehen und richtig! Schon im unlimited game wäre das Doppelfenster knapp erreicht; der Rückstand im Match, gepaart mit der Drohung, den letzten Blot Dankwarts zu schlagen, machen das Doppel zur Pflicht. Der Takepunkt ist in dieser Situation sehr niedrig, und so entschloss ich mich (zu Recht), den Cube anzunehmen. Ich überstand den nächsten Wurf von Lutz, rannte los, es kam zu einem aufregenden Würfelduell, und an dessen Ende hatte ich das kleine Finale gewonnen. Glückwunsch, Lutz, zu einem starken Auftritt und einem guten Ergebnis!
Alle gefilmten Matches sind demnächst transkribiert im Matcharchiv zu finden.
In der Rangliste hat es an der Spitze nun einen Wechsel gegeben: Dankwart hat die Führung übernommen, und Thomas Krüger ist auf den zweiten Platz zurückgefallen. Auf dem dritten Platz folgt Helmut Krausser, an den sich Igor K herangerobbt hat. Ralf hat sich ebenfalls verbessert und liegt nun ein Pünktchen vor Matthias, der zwei Plätze zurückgefallen ist.
Ina Reckling gegen Matthias Strumpf
Es folgen Rolf und Tibor vor Hamid und Vitali, die im September beide nicht gespielt haben. Dieses sind im Moment die zehn Spieler, die automatisch an der Ausschüttung des Jahrespools teilnehmen, die beim Jahresendturnier im Dezember stattfindet.
Aber sicher können sie nicht sein, denn Sokrates, der im September stark gepunktet hat, liegt auf Platz 11 nur zwei Pünktchen hinter Vitali. Das kann im Oktober noch einmal spannend werden! Und auch Spieler, die dahinter liegen, haben noch Chancen, unter den ersten zehn zu landen.
Tibor Taylor (li) gegen Thorsten Miesel. Im Hintergrund gibt’s Speedgammon: Béa gegen Ralf Sudbrak, Guido schaut zu.
Den Lady’s Prize hat sich mit drei Siegen Heike Münch gesichert, den Rookie’s Prize erhält René Stolle mit zwei Siegen aufgrund der besseren Buchholzwertung. Beide Preise sind bei der nächsten Teilnahme abzuholen!
Speedgammon: Vitali Olchanski (li), der schneller zieht als sein Schatten, gegen Helmut Krausser
Erstmals haben wir parallel zum Monatsturnier ein Speedgammon-Turnier ausgetragen. 13 Teilnehmer haben ein einfaches K.O.-Turnier mit einem Preisrang ausgespielt. Es wurden 3-Punkte Matches mit nur einer Minute auf der Uhr und 12 Sekunden zusätzlich pro Zug ausgetragen. Den Preis haben sich Rolf Schüler und Helmut Krausser geteilt. Beim ersten Mal lief noch nicht alles rund, aber schon so gut, dass wir das neue Format wiederholen werden.
Rolf Schüler (li) gegen Roger Edberg
Das Satellitenturnier und damit einen freien Startplatz bei einem Monatsturnier hat Rolf Schüler gewonnen. Ein zweiter Satellit wurde als Quarter Entry gespielt; hier konnte sich Vitali Olchanski im Finale gegen Christine Fuhrmann durchsetzen.
Das Oktoberturnier, das schon in drei Wochen am 8. Oktober ausgetragen wird, verspricht im Hinblick auf die Rangliste und den Jahrespool zusätzliche Spannung. Dann gibt es die nächste Gelegenheit in diesem Jahr, bei einem Meisterschaftsturnier von Berlin Backgammon Ruhm und Ehre zu erringen, die Reihenfolge in der Rangliste zu ändern und überhaupt spannende Spiele zu spielen und einen schönen Nachmittag und vielleicht auch Abend unter Gleichgesinnten zu verbringen. Wie immer beginnt das Turnier um 13 Uhr (Anmeldung ab 12:30 Uhr, Auslosung um 12:55 Uhr) im en passant, Schönhauser Allee 58 (U2 Eberswalder Str.), 10437 Berlin, Tel. 0177–7383899. Die Auslosung für das Satellitenturnier findet bereits um 12:45 statt, die erste Runde wird vor dem Start des Hauptturniers gespielt.
Bis dann,
Dankwart
Finalrunde
1. Stefan Blancke
2. Guido Weidner
3. Igor Kaplanski
4. Ralf Sudbrak
Second Chance
1. Dankwart Plattner
2. Lutz Steuer
Lady’s Prize
Heike Münch
Rookie’s Prize
René Stolle
Satellit
Rolf Schüler
Vitali Olchanski
Speedgammon
Rolf Schüler und Matthias Strumpf (geteilt)
Die komplette Turnierdokumentation kann Runde für Runde eingesehen werden.